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Warum Europa eigene Geosoftware braucht – und warum Open Source ein zentraler Teil der Lösung ist

Die Planung in Europa stützt sich stark auf ausländische, proprietäre Geowerkzeuge — mit Risiken für Transparenz, Kontrolle und langfristige digitale Souveränität. Europäische Open-Source-Plattformen wie GOAT bieten einen neuen Weg. Die Entscheidungen, die Planer*innen heute treffen, prägen Europas digitale Grundlagen für die kommenden Jahrzehnte.
By
Camila Narbaitz
December 11, 2025

Stellen Sie sich vor, Sie sind Stadtplaner*in in einer kleinen deutschen Kommune. Sie erstellen ein Mobilitätskonzept, analysieren die fußläufige Erreichbarkeit von Schulen oder untersuchen demografische Entwicklungen. Alles, was Sie tun, basiert auf digitalen Werkzeugen — Werkzeugen, die still und leise die Entscheidungen formen, die Tausende von Menschen betreffen.

Nun stellen Sie sich vor, dass der Kern dieser Werkzeuge — die Algorithmen, die Datenpipelines, die Cloud-Infrastruktur — in einer Blackbox liegt, betrieben und kontrolliert weit außerhalb Europas. Die Benutzeroberfläche mag ins Deutsche übersetzt sein. Das Vertriebsteam mag in München oder Wien sitzen. Aber die eigentliche Macht — der Code, die Standards, die langfristige Kontrolle — liegt anderswo.

Das ist nicht nur ein technisches Thema. Es ist eine Frage von Vertrauen, Transparenz und digitaler Souveränität.

Warum europäische Geosoftware jetzt wichtig ist

In ganz Europa hat sich die Diskussion über digitale Souveränität von einer theoretischen Debatte zu einer dringlichen Realität entwickelt. Im November 2025 fand in Berlin ein hochrangiger EU-Gipfel zur digitalen Souveränität statt. Die Motivation ist klar: Europa ist stark von ausländischer Technologie abhängig. Schätzungsweise 80 % aller in der EU eingesetzten digitalen Technologien sind importiert, der Großteil davon aus den USA und China. Laut DW stammen nur 4 der 50 größten Tech-Unternehmen der Welt aus Europa — eine Zahl, die das Ungleichgewicht deutlich macht.

Im Geodaten-Sektor ist die Abhängigkeit noch ausgeprägter. Die USA dominieren sowohl Geosoftware als auch Geospatial AI. Selbst öffentliche Institutionen in Deutschland und in ganz Europa verlassen sich nahezu vollständig auf proprietäre Tools wie ArcGIS. Im Falle politischer Spannungen oder kommerzieller Einschränkungen könnte dies schnell zu einem ernsthaften Betriebsrisiko werden — ein deutliches Signal für die Notwendigkeit robuster, lokal kontrollierter Lösungen.

Ein Großteil dieser europäischen Abhängigkeit entstand nicht zufällig, sondern aus Bequemlichkeit. Die Tools waren schnell, gut finanziert und einfach zu nutzen. Planer*innen und Kommunen optimierten für Geschwindigkeit und Funktionalität — ohne zu erkennen, dass diese Bequemlichkeit langfristig zu einem Lock-In führen würde. Wir haben uns vom bewussten Auswählen von Plattformen hin zu einer stillen Abhängigkeit entwickelt, und ganze Planungsprozesse hängen heute von Systemen ab, die weit außerhalb Europas gesteuert werden.

Europäische Institutionen brauchen Werkzeuge, die mit europäischen Rechtsrahmen, Werten und langfristigen Interessen des öffentlichen Sektors übereinstimmen — nicht nur mit globaler Marktdynamik. In diesem Kontext entstehen europäische Geoplattformen wie GOAT:

  • Sie folgen EU-Datenschutzstandards by design.
  • Sie unterstützen lokale Planungsprozesse und administrative Realitäten, nicht nur globale Enterprise-Use-Cases.
  • Sie entwickeln sich innerhalb europäischer Forschungsökosysteme, Förderstrukturen und öffentlicher Anforderungen.

Mit anderen Worten: Sie sprechen dieselbe Sprache wie die Menschen, die sie nutzen.

Warum Offenheit für die geodatenbezogene Zukunft Europas entscheidend ist

Die Herausforderung ist nicht nur, dass Europa stark von externen Technologien abhängt — sondern dass viele dieser Technologien proprietär und geschlossen sind. Proprietäre Software ist nicht nur ein technisches Modell, sie bündelt Entscheidungsgewalt in den Händen weniger Anbieter. Wer den Code kontrolliert, kontrolliert die Standards, die Workflows und letztlich die Entscheidungen, die darauf aufbauen. Im Bereich der Geosoftware ist diese Abhängigkeit besonders sichtbar. US-basierte Plattformen wie ArcGIS haben die Planungsprozesse seit Jahrzehnten geprägt und leise Abhängigkeiten geschaffen, die sich über die Zeit verstärken.

Vendor Lock-in ist eine davon. Wenn Daten, Workflows und Integrationen an ein geschlossenes Ökosystem gebunden sind, wird ein Wechsel teuer und riskant. Mit der Zeit wird das Werkzeug zur Regel — nicht, weil es die beste Lösung ist, sondern weil ein Ausstieg unmöglich erscheint.

Transparenz ist eine weitere Schwachstelle. Viele Planungsprozesse basieren auf Blackbox-Algorithmen, unsichtbaren Datenpipelines und Update-Zyklen ohne öffentliche Kontrolle. Für Institutionen, die demokratische Entscheidungen treffen müssen, ist diese Intransparenz ein echtes Risiko. Wenn eine Karte ein Mobilitätskonzept oder eine Wohnungsstrategie beeinflusst, müssen Planer*innen nachvollziehen können, wie sie entstanden ist.

Preise erhöhen den Druck zusätzlich. Proprietäre Geosoftware ist teuer, und wenn ein einzelnes Unternehmen den Markt dominiert, können Lizenzkosten unvorhersehbar steigen. Für viele kleine und mittelgroße Kommunen werden diese Kosten zunehmend untragbar. Es entsteht ein Paradoxon: Öffentliche Institutionen investieren öffentliche Mittel in Werkzeuge, die sie weder vollständig verstehen, beeinflussen noch langfristig sichern können — und mieten damit im Grunde ihre digitale Kerninfrastruktur, statt sie zu besitzen.

Open-Source-Geowerkzeuge bieten ein grundlegend anderes Modell. Offenheit bedeutet vollständige Transparenz: Jede Methode, jede Berechnung und jede Entscheidung im Code ist überprüfbar. Sie garantiert Interoperabilität, weil offene Standards den freien Austausch von Geodaten und Analysen zwischen Tools ermöglichen. Sie schafft langfristige Stabilität, da die Software nicht vom Geschäftsmodell eines einzelnen Unternehmens abhängt. Und sie stellt sicher, dass öffentlicher Wert öffentlich bleibt: Wenn Forschung oder öffentliche Finanzierung in ein Open-Source-Projekt fließen, kommt der Nutzen der Gesellschaft zugute — statt in einer privaten Monokultur zu verschwinden.

GOAT Open Source code on Github

Wo GOAT in diesem Wandel steht

GOAT ist Teil dieses Wandels. Es verkörpert einen europäischen Ansatz für Geotechnologie — transparent, offen und ausgerichtet auf digitale Souveränität. Wir erweitern unsere Plattform mit einer klaren Absicht: eine europäische, offene und zukunftssichere Alternative zu geschlossenen WebGIS-Ökosystemen wie ArcGIS Online zu bieten. Das bedeutet vollständige Transparenz für unsere Nutzer*innen: Jede Methode, jede Berechnung und jeder Datenfluss in GOAT ist offen dokumentiert und überprüfbar.

Die Entwicklung wird von europäischen Kommunen, Forschenden und Planer*innen gesteuert.

Keine Blackboxes.

Kein Lock-in. Resilienz ist eingebaut: Selbst wenn sich ein Anbieter oder Dienstanbieter strategisch verändert, bleiben Werkzeuge und Daten unter lokaler Kontrolle.

Ein Bekenntnis zu Offenheit, nicht nur als technische Entscheidung, sondern als öffentlicher Wert.

Denn die Karten, die Europas Städte gestalten, sollten auf Grundlagen basieren, denen Europa vertrauen, die es verstehen und kontrollieren kann.

Ein letzter Gedanke

Europa investiert stark in digitale Souveränität — aber echte Souveränität entsteht nicht allein durch politische Maßnahmen. Sie entsteht durch die Werkzeuge, die wir jeden Tag auswählen.

Wenn Planer*innen europäische, offene und transparente Plattformen wählen, stärken sie nicht nur ihre eigenen Arbeitsprozesse, sondern auch das digitale Rückgrat der öffentlichen Planung in ganz Europa.

Die Zukunft der Geotechnologie in Europa wird durch die Entscheidungen geprägt, die wir heute treffen.

Quellen

- Why is the EU's digital infrastructure falling behind the US or China? by DW News

- Digital Decade Report by 2030 DIGITAL COMPASS: YOUR DIGITAL DECADE

- The Hidden Empire: How We Surrendered Our Digital Sovereignty — And How to Win It Back by Tomas Secher

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Menschen auf Fahrrädern
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